Mittwoch, 2. Dezember 2009

Uli und der Kaiser

Spieler, Trainer, Funktionär - seit über 50 Jahren wirkt Franz Beckenbauer in den verschiedensten Positionen beim FC Bayern München. Am vergangenen Freitagabend endete die „Kaiserzeit“ beim deutschen Rekordmeister. Nach 15 Jahren als Vereinspräsident wird sich die 64 Jahre alte Fußballlegende nicht mehr zur Wiederwahl stellen, Manager Uli Hoeneß ist ihm dann an die Spitze des größten deutschen Sportvereins nachgefolgt.
So ist nach 15 Jahren an der Spitze des FC Bayern Franz Beckenbauer am Freitagabend bei der Jahreshauptversammlung des Rekordmeisters als Vereinspräsident und Vorsitzender des Ausfichtsrates ausgeschieden. Das Ende einer weltweit wohl einzigartigen Ära, in der Beckenbauer über 50 Jahre als Spieler, Trainer oder Funktionär beim deutschen Rekordmeister wirkte.
„Wir haben also dann Altpapier und Alteisen gesammelt, um zu den paar Pfennigen zu kommen, die damals ein Lederball gekostet hat. Dann haben wir endlich diesen Ball gehabt. Wir haben natürlich jeden Tag Fußball gespielt. Jeden Tag durfte ein anderer den Ball mit nach Hause nehmen und musste ihn dann einfetten.“

Als Uli Hoeneß 1979 mit gerade einmal 27 Jahren seine Profi-Laufbahn vorzeitig beenden musste und die Nachfolge Robert Schwans als Manager des FC Bayern antrat, war wohl nicht abzusehen, dass er in seiner „zweiten Karriere“ noch viel erfolgreicher sein würde. Unter seiner Regie wurde der FC Bayern zu einer Weltmarke im Fußball, kaum ein anderer Verein kann den Münchnern in wirtschaftlicher Hinsicht das Wasser reichen. Nebenbei gewannen die Bayern in den letzten 30 Jahren stolze 36 Titel.
Wie kein Zweiter hat Uli Hoeneß in den letzten 30 Jahren die Entwicklung des FC Bayern geprägt, unter seiner Regie ist der Klub zur Weltmarke aufgestiegen. Und auch wenn er künftig als Vereinspräsident und Vorsitzender des Aufsichtsrates nicht mehr an vorderster Front wirken wird, ist eines sicher: „Uli Hoeneß wird nicht mehr ganz so aktiv sein wie bisher, aber er wird weitaus aktiver sein als ich es war“, sagte Vorgänger Beckenbauer und fügte an: „Ich glaube auch, das ist gut so für den FC Bayern."
Während die Konkurrenten mit abenteuerlichen Kreditgeschäften, phantastischen TV-Rechte-Einnahmen und dank einer für den Profisport gnädigen Steuerpolitik das Transfergeschäft und damit - wenn auch nicht immer - die Wettbewerbe beherrschten, handelte Uli Hoeneß nach dem einfachen, aber nachhaltigen Prinzip kaufmännischer Sorgfalt. Kompromisslos hat er sich an seine Regel gehalten, nicht mehr auszugeben als eingenommen wurde bzw. auf dem über die vielen Jahre gewachsenen Festgeldkonto zur Verfügung steht.
Als Ende der achtziger Jahre Merchandising das Zauberwort für Geldvermehrung in der Bundesliga wurde, war der FC Bayern schnell am Markt. Uli Hoeneß erkannte als Erster diesen Trend und schuf hierfür schnell die Strukturen. Es gab Bayern-Bettwäsche, Bayern-Handtücher, Bayern-Mode, Bayern-Parfum, etc. Heute führt die Merchandising Abteilung des FC Bayern mehr als 600 Artikel.
Als Verein machten die Bayern 1979 ca. zwölf Millionen Mark Umsatz, der größte Teil davon floss aus dem Verkauf der Eintrittskarten dazu. Mit dem Verkauf von Karl-Heinz Rummenigge an Inter Mailand 1984 für unglaubliche 10,5 Millionen Mark war der Verein schuldenfrei. Heute setzt das auch von Karl-Heinz Rummenigge geführte Fußball-Unternehmen FC Bayern München über 250 Millionen Euro um.
Inzwischen muss Uli Hoeneß regelmäßig vor Führungskräften der deutschen Wirtschaft erklären, wie das Geschäftsmodell FC Bayern München AG funktioniert, wie aus der Emotion und der Unberechenbarkeit des Spiels finanzielle Planungssicherheit und Gewinn entstehen können. Die Kunst ist, wie so oft, die Balance zu halten. Uli Hoeneß hat sehr früh erkannt und ausgesprochen, was in München, der olympischen Stadt mit der weltberühmten Stadionarchitektur, über Jahrzehnte ein Politikum war: Die Bayern, formulierte er 1989, brauchen ein eigenes Fußballstadion.
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland, die auch dem Einsatz des Bayern-Präsidenten Franz Beckenbauer als OK-Chef der WM zu verdanken war, hat bei der Durchsetzung der Stadionpläne eine große Rolle gespielt. Mit der 2005 eingeweihten Allianz Arena lässt sich alles in Verbindung bringen, was das moderne Fußballmanagement, wie Uli Hoeneß es in Deutschland etabliert hat, prägt. Sie ist die angemessene Dienstleistung für den Zuschauer, die Sponsoren, das Fernsehen und auch für die Mannschaft.
Es gibt beim FC Bayern eine Regel, die Neuankömmlinge sehr schnell lernen. Die Regel lautet: Bei Problemen den Manager anrufen. Manche Spieler haben sich daran erinnert, nachdem sie ihren Wagen nachts in einen Graben gesteuert hatten. Andere suchten finanziellen Rat, und Uli Hoeneß hat regelmäßig geholfen, sodass sich auch in Not geratene Profis entschulden konnten.
Jeder, der beim FC Bayern arbeitet, schätzt seine menschliche Seite und niemand, der den FC Bayern verließ, hat schlecht über den Manager gesprochen. Wie kein anderer deutscher Verein hat der FC Bayern angeschlagene Klubs bei der Bewältigung finanzieller Schwierigkeiten und auch ganz allgemein karitative Ziele unterstützt. Der FC St. Pauli, der in der zweiten Bundesliga jetzt wieder so stark auftritt wie Jahre nicht mehr, hat von der Benefizspielbereitschaft der Bayern genauso profitiert wie der Mainzer Dom, für dessen Restaurierung die Bayern in Mainz antraten.

Uli Hoeneß hat die sportliche und wirtschaftliche Stärke immer auch als Verpflichtung verstanden. Er vertritt eine Art soziale Marktwirtschaft des Fußballs, die den Erfolg und die Entwicklung des eigenen Vereins in den Mittelpunkt stellt, die aber auch Rücksicht auf Schwächere nimmt, auf Menschen ganz allgemein, denen es nicht so gut ergangen ist im Leben.
Die Spendenbereitschaft ist inzwischen bekannt, sie soll nicht berühmt sein. Als ein Tsunami 2004 im Indischen Ozean eine Katastrophe auslöste, gab der FC Bayern fast eine halbe Million Euro für den Wiederaufbau zerstörter Gebiete und gründete 2005 auf Initiative des Vorstandes um Karl-Heinz Rummenigge den FC Bayern Hilfe e.V. Darin bündelt der Klub sein soziales Engagement, das auch die Förderung von Bildung und Erziehung umfasst.
Als in München ein Mann von Jugendlichen auf einem S-Bahnhof zu Tode getreten wurde, weil er Kinder schützen wollte, die sich bedroht fühlten, hielt Uli Hoeneß beim nächsten Heimspiel in der Allianz Arena eine kurze Rede. Er fand wenige, aber die richtigen Worte: Der Tote, Dominik Brunner, sei ein „Vorbild für Zivilcourage und praktizierte Nächstenliebe. Wir alle können in derartige Situationen kommen, und dann wären wir froh, wenn jemand wie er uns helfen würde.“ Als Reaktion auf den S-Bahn-Mord hat Hoeneß nun zusammen mit Politik, Polizei und Kirche die Initiative „Münchner Courage“ gegründet. Das Projekt will Bürger ermutigen, bei Gewalt nicht wegzusehen, sondern gemeinsam mit anderen Solidarität und Zivilcourage zu zeigen. Uli Hoeneß hat auf seinem Weg nach oben die meisten hinter sich gelassen, weggeschaut hat er deshalb nie.

Franz Beckenbauer bekommt ein Abschiedsspiel beim FC Bayern. Wie Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge bekanntgab, wird die Partie „gegen die berühmteste und erfolgreichste Mannschaft der Welt im August 2010“ in der Allianz Arena stattfinden: Real Madrid. Im Anschluss wird dann Beckenbauer mit einem großen Fest gebührend gefeiert und verabschiedet. Beim Blick in die Vereinshistorie sei ihm aufgefallen, dass Beckenbauer bei seinem Abschied und Transfer als Spieler 1977 vom FCB zu Cosmos New York „nicht gebührend und vor allem nicht FC Bayern like“ verabschiedet worden sei, erklärte Rummenigge. Dies wolle man nun nachholen und ihn auch mit über 32-jähriger Verspätung zum Ehrenspielführer des FC Bayern ernennen.


http://www.fcbayern.t-home.de

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